Ein Bildungsziel gibt es nicht zum Leistungsnulltarif
Donnerstag, den 27. November 2014 um 10:15 Uhr

Abgeordnete Hauk, Klein und Wacker stellten Bildungskonzept der CDU-Landtagsfraktion vor

Abgeordnete Hauk, Klein und Wacker stellten Bildungskonzept der CDU-Landtagsfraktion vor

Walldorf. „Leistungsstarke Schulen für unsere Kinder in Baden-Württemberg!“ – so lautet der Titel eines Eckpunktepapiers der CDU-Fraktion im Landtag von Baden-Württemberg, dessen Kernaussagen die CDU-Landtagsabgeordneten Peter Hauk (Fraktionsvorsitzender), Georg Wacker (Bildungspolitischer Sprecher) und Karl Klein (Kommunalpolitischer Sprecher) im Rahmen eines „Bildungsdialogs“ der CDU Nordbaden am vergangenen Dienstagabend im Walldorfer Schulzentrum vorstellten. In ihrem Bildungspapier sehen die Christdemokraten „eine echte Alternative zu der von der derzeitigen Landesregierung vorangetriebenen Umwälzung der gesamten Schullandschaft“. 40 interessierte Zuhörerinnen und Zuhörer, darunter Schulrektoren und Lehrer, nahmen an der zweistündigen Diskussionsveranstaltung teil, berichteten aus ihrem Schulalltag, äußerten Ideen wie auch Sorgen.

MdL Karl Klein (Wahlkreis Wiesloch), der in seiner Begrüßung zunächst Oberstudiendirektorin und Schulleiterin Marianne Falkner und Bürgermeisterin Christiane Staab für die Gastfreundschaft dankte, stellte zu Beginn klar: „Walldorf stand bundesweit angesichts der Entscheidung des Gymnasiums, einen elfjährigen Jungen, der vom Down-Syndrom betroffen ist, nicht als Schüler anzunehmen, in der Diskussion. Noch immer ist die Frage nicht beantwortet, wie Inklusion im baden-württembergischen Schulsystem umgesetzt werden kann. Kultusminister Stoch (SPD) hat sich nach meiner Auffassung der Verantwortung zu lange entzogen und damit hauptsächlich das Walldorfer Gymnasium mit einem sehr sensiblen Thema völlig allein gelassen. Respekt gebührt der Stadt Walldorf, den Rektoren, den Lehrkräften und den Eltern, wie sie mit diesem wichtigen Thema umgegangen sind.“

Diesen Ausführungen pflichtete MdL Peter Hauk bei – „das war ein geradezu abenteuerliches Vorgehen“ – und führte weiter aus: „Für uns ist der Wettbewerbsgedanke ganz entscheidend. Ein Wettbewerb entsteht nur dann, wenn man Leistungen auch messen kann. Der Unterschied zwischen CDU und Grün-Rot besteht darin, dass wir unseren Kindern zutrauen, dass sie in einem Wettbewerbssystem bestehen können und dass Wettbewerb auch dazu beflügelt, Leistung zu erbringen, sich anzustrengen und das Beste zu geben. Es wird nun aber nicht jedes Kind alles machen können, was man sich gerade vorstellt, auch wenn es die Eltern unbedingt wollen. Am Ende hat der Kultusminister zwar richtig gehandelt, aber zu spät.“

Abgeordnete Hauk, Klein und Wacker stellten Bildungskonzept der CDU-Landtagsfraktion vor

MdL Georg Wacker, der von Februar 2006 bis Mai 2011 als politischer Staatssekretär im Ministerium für Kultus, Jugend und Sport tätig war, stellte im Anschluss das Bildungskonzept seiner Fraktion auszugsweise vor. Der CDU-Bildungsexperte zunächst zur Ausgangslage: „Durch die überhastete Einführung der Gemeinschaftsschule, dem Herzstück der grün-roten Bildungspolitik, ist sehr viel Unruhe entstanden. Dies führte auch zu großen Ungleichheiten in unserem Bildungssystem. Die Gemeinschaftsschulen bekommen erheblich mehr Ressourcen als alle anderen Schularten. Auch der überhastete Wegfall der verbindlichen Grundschulempfehlung hat ebenfalls zu großen Verunsicherungen und zu einer zusätzlichen Heterogenität in den Eingangsklassen geführt. Folgen dieser verfehlten Bildungspolitik: sprunghaft ansteigende Sitzenbleiberzahlen und viele Schulwechsler. Auch die Bildungsplanreform betrachten wir mit großer Sorge.“

Die CDU habe konzeptionelle Antworten formuliert. „Die Qualität des Bildungssystems ist für uns das Allerwichtigste, die Qualität der Lehrerausbildung, die Qualität des Unterrichts. Wir wollen ein leistungsbezogenes differenziertes Bildungssystem. Es gibt hierzu einen alten pädagogischen Spruch, der nach wie vor für uns eine hohe Wertigkeit hat: fördern und fordern. Ein Bildungsziel kann man nicht zum Leistungsnulltarif erreichen.“

Für die CDU sei es unter anderem zu wenig, dass die grün-rote Landesregierung für die kleinen Grundschulen nur eine Bestandsgarantie bis 2016 gegeben habe: „Den ganz kleinen Schülerinnen und Schülern muss man nicht lange Wege zumuten. Für uns gilt: kurze Beine, kurze Wege.“

„Um auf die Realschule einzugehen, als ein Beispiel unserer Konzeption“, so Wacker, „muss in aller Deutlichkeit gesagt werden: Die Realschule steht vor ganz besonders schwierigen Herausforderungen. Insbesondere die Werkrealschule war und ist ein ungeliebtes Kind dieser Landesregierung.“

Abgeordnete Hauk, Klein und Wacker stellten Bildungskonzept der CDU-Landtagsfraktion vor

Die CDU unterstütze indes auch zukünftig die Realschulen: „Unter dem Dach einer Realschule können die Schülerinnen und Schüler zunächst einmal in einer gemeinsamen Orientierungsphase in der Jahrgangsstufe 5 und 6 unterrichtet werden, auch mit zusätzlichen differenzierten Angeboten. Nach der Grundschulempfehlung und nach Jahrgangsstufe 6 entscheiden sich dann die Schülerinnen und Schüler durch eine zweite Bildungsempfehlung, die angeboten wird, für einen Bildungsgang, der auf einen Hauptschulabschluss oder einen Realschulabschluss zuführt. Leistungsstarke Schüler können über ein berufliches Gymnasium die allgemeine Hochschulreife erlangen. Für alle Schülerinnen und Schüler muss es ein passgenaues pädagogisches Angebot geben. Klar ist ferner: Wir stehen für ein starkes, eigenständiges Gymnasium.“

Hinsichtlich der Inklusion sagte Wacker unter anderem: „Für uns steht in erster Linie das Wohl des Kindes im Mittelpunkt. Inklusion muss vor Ort gestaltet werden, in enger Kooperation mit den Sonderschulen.“

Nach einem Wahlsieg der CDU bei der Landtagswahl 2016 werde es keine großen Umwälzungen oder Rückabwicklungen geben. Wacker: „Die Menschen wollen Kontinuität und Verlässlichkeit. Weiterentwicklungen muss es aber geben. Die Gemeinschaftsschulen müssen dann so weiterentwickelt werden, dass auch dort ein wirklich leistungsdifferenzierter Unterricht möglich ist.“

Die anschließenden Fragen und Wortbeiträge drehten sich insbesondere um die Themen Nachhilfequote, Mangel an Rektoren, Entlastung der Schulleitungen (Hauk: „Schulleitung ist heute eine Managementaufgabe“), Qualität der Lehrerausbildung, Neudefinierung der Lehrerarbeitszeit, Zukunft der Gymnasien und der beruflichen Schulen, Ausstattung der Schulen, G8 und G9 und um die Notwendigkeit einer „richtigen Evaluation“ im Schulbereich. (Text/Fotos: Matthias Busse)